Gesetzlicher Auftrag und Beratung

Das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz hat den Auftrag extremistische, gegen die Verfassung gerichtete Aktivitäten von Personen und Organisationen zu beobachten. Die Aufgaben und Befugnisse des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz sind im Bayerischen Verfassungsschutzgesetz geregelt. Dem Beobachtungsauftrag unterliegen Rechtsextremisten (zum Beispiel rechtsextremistische Parteien), Linksextremisten (zum Beispiel gewaltbereite Autonome), Islamisten (zum Beispiel Salafisten), auslandsbezogene extremistische Aktivitäten (zum Beispiel der PKK), die Scientology-Organisation, islamfeindliche Bestrebungen sowie Reichsbürger und Selbstverwalter.

Zu den Aufgaben des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz gehört außerdem der Schutz vor Organisierter Kriminalität, Spionage, Geheimnisverrat und Sabotage (Wirtschaftsschutz).

Das Bild zeigt einzelne Stempelabdrücke für die Verschlussgrade „VS-Nur für den Dienstgebrauch“ , „VS-Vertraulich amtlich geheimgehalten“ und „GEHEIM amtlich geheimgehalten“
© Bayerisches Innenministerium

Der Verfassungsschutz gewinnt seine Erkenntnisse zum überwiegenden Teil aus so genannten offenen Quellen (Internet, Flugblättern oder Veranstaltungen extremistischer Organisationen). Weitere Informationen erhält er durch nachrichtendienstliche Mittel, zum Beispiel durch den Einsatz von V-Leuten (Personen, die der Verfassungsschutzbehörde selbst nicht angehören, aber „Szene-Erkenntnisse“ gegen Bezahlung liefern können),  durch Observation (Beobachtung) relevanter Personen oder Telefonüberwachung.

Die so gewonnenen Informationen gibt das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz gezielt an die zuständigen Sicherheitsbehörden (Polizei, Versammlungsbehörde, Ausländerbehörde) weiter. Diese reagieren möglichst frühzeitig und in eigener Verantwortung auf drohende Sicherheitsstörungen zum Beispiel mit Versammlungsverboten, Durchsuchungen oder Festnahmen. Der Verfassungsschutz hat in seiner Funktion als Frühwarnsystem keine Vollzugsaufgaben wie die Polizei. Er darf aber zur Erfüllung seiner Aufgaben Daten erheben und speichern.

Damit das Sicherheitssystem funktioniert, arbeiten Verfassungsschutz und Polizei eng zusammen: Der Verfassungsschutz beschafft Informationen, die Polizei als Vollzugsbehörde wehrt Gefahren ab und klärt Straftaten auf.

Der Verfassungsschutz als Sachverständiger

In Bayern hat der Verfassungsschutz eine Reihe von Mitwirkungsaufgaben als Fachberater und wird bei Sachentscheidungen anderer Behörden hinzugezogen. Dies betrifft z.B. den Geheim- und Sabotageschutz sowie die Mitwirkung an einbürgerungs- und aufenthaltsrechtlichen Entscheidungen.

Kontrolle des Verfassungsschutzes

Der Verfassungsschutz unterliegt strengen Kontrollen. Zum einen ist das Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration die Aufsichtsbehörde über das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz. Zum andern überwacht das eigens dafür eingesetzte Parlamentarische Kontrollgremium (PKG) des Landtags die Tätigkeit des Verfassungsschutzes. Darüber hinaus haben auch der Bayerische Landesbeauftragte für den Datenschutz und der Bayerische Oberste Rechnungshof Kontrollaufgaben.

Information der Öffentlichkeit

Zu den Pflichten des Verfassungsschutzes gehört auch die Information der Öffentlichkeit. Dazu gibt das Bayerische Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration in Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz jährlich den Verfassungsschutzbericht Bayern heraus:

Verfassungsschutzinformationen 1. Halbjahr 2023

Cover Halbjahresbericht 2023

Am Mittwoch, dem 23.08.2023 stellte Herr Innenminister Joachim Herrmann im Rahmen einer Pressekonferenz die Verfassungsschutz-Halbjahresinformationen für das erste Halbjahr 2023 der Öffentlichkeit vor.

 

Unter der Wahrnehmungsschwelle der Öffentlichkeit zeichnen sich Entwicklungen ab, die auf lange Sicht eine massive Bedrohung für unsere Demokratie darstellen. Dies gilt vor allem für das rechtsextremistische Spektrum und verwandte Phänomene. Sowohl thematisch als auch argumentativ vergrößern sich die Schnittmengen zwischen Rechtsextremismus, verfassungsschutzrelevanter Delegitimierung des Staates und der Reichsbürger- und Selbstverwalterszene. Personen, die sich in diesen Szenen bewegen, lassen sich zum Teil nicht mehr nur einem dieser Phänomenbereiche eindeutig zuordnen. Noch häufiger werden aber Bezüge und Kennverhältnisse zwischen Gruppierungen aus unterschiedlichen Phänomenbereichen festgestellt, also Netzwerke mit divergierenden ideologischen Ausrichtungen. Hier ist das gemeinsame Feindbild, der demokratische Staat und seine Repräsentanten, das verbindende Element. In solch heterogene Strukturen sind oft auch Personen eingebunden, die bisher noch nicht in extremistischen Zusammenhängen aufgefallen waren.

 

Im Bereich des Islamismus ist das Bewusstsein der Öffentlichkeit für die Bedrohung durch den islamistischen Terrorismus rückläufig, da es in der jüngsten Vergangenheit zu keinen spektakulären Anschlägen kam. Zwei rechtzeitig entdeckte Anschlagplanungen belegen jedoch, dass Anhänger der Szene weiterhin bereit sind, Anschläge in Deutschland und Europa zu planen und durchzuführen. Auch die legalistischen Akteure betreiben ihre antidemokratische Agitation weiterhin auf hohem Niveau. Insbesondere die Online-Initiativen „Generation Islam“, „Realität Islam“ und „Muslim Interaktiv“ versuchen, die muslimische Community gegen die westliche Gesellschaft aufzubringen. Dabei stellen sie auch Aufklärungs-Kampagnen gegen islamistische Radikalisierung als Beispiele für eine angebliche Diskriminierung von Muslimen dar.

 

Die parteigebundene rechtsextremistische Szene stagniert seit Längerem. Um Überalterung und Mitgliederschwund entgegenzuwirken, versucht die NPD mit ihrer Umbenennung in „Die Heimat“ die mit dem alten Namen verknüpften negativen Assoziationen hinter sich zu lassen. Gleichzeitig bedient diese Namensgebung das rechtsextremistische Narrativ, wonach die Heimat des „deutschen Volkes“ und dieses selbst in ihrem traditionellen Bestand gefährdet seien. Auch bleibt die Hetze gegen Asylbewerber und Flüchtlinge ein weiterer Schwerpunkt der rechtsextremistischen Szene. Insbesondere an Straftaten, bei denen Asylbewerber verdächtigt werden, entzündet sich eine Propaganda, die das Maß jeder sachlichen Meinungsäußerung sprengt.

 

Der linksextremistischen Szene gelingt es trotz umfassender Mobilisierungsanstrengungen immer seltener, hohe Teilnehmerzahlen bei Veranstaltungen zu generieren. Diese Diskrepanz zwischen angekündigten Teilnehmerzahlen und Störaktionen sowie dem Geschehen vor Ort war bereits bei der IAA 2021 und beim G7-Gipfel 2022 sichtbar. Neben den Themen Antifaschismus, Antirepression und Antimilitarismus versucht die linksextremistische Szene auch über die Klimaschutzthematik bestimmenden Anschluss an zivile Initiativen wie die „Letzte Generation“ zu finden – bislang ohne Erfolg. Insbesondere die anarchistische und autonome Szene ist bestrebt, zumindest mittelbar von den Protesten der „Letzten Generation“ zu profitieren und Aufmerksamkeit für ihre eigenen, extremistischen Ziele zu generieren.  Des Weiteren schreitet die Radikalisierung eines kleinen Teils der Szene weiter voran. Dies lässt sich auch an der Verstetigung des hohen Anteils der Gewalttaten an der Gesamtzahl linksextremistischer Straftaten festmachen.

 

Spionage, illegitime Einflussnahme, Desinformationskampagnen und Cyberangriffe stellen nach wie vor eine ernsthafte Bedrohung für deutsche sowie bayerische Interessen dar. Seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine ist zu beobachten, dass Intensität, Umfang und Komplexität der nachrichtendienstlichen Aktivitäten Russlands spürbar zugenommen haben. Neben der Aufklärung kriegsrelevanter Ziele stehen auch die Auskundschaftung sabotagerelevanter Ziele und Strukturen im Fokus russischer Nachrichtendienste. Zudem ist Russland weiter bestrebt, die politische und öffentliche Meinung durch Verbreitung von Propaganda und Desinformation zu beeinflussen und politisch destabilisierend zu wirken. Deutschland steht außerdem bereits seit Jahren im Fokus chinesischer Spionage- und Einflussnahmeaktivitäten. Neben einer offenen Informationsbeschaffung werden auch Informationen aus harmlos wirkender Kontaktpflege zu Entscheidungsträgern aus Politik und Wirtschaft gewonnen. Zu beobachten sind großangelegte und gut koordinierte Cyberkampagnen gegen Regierungsnetzwerke und Unternehmen verschiedenster Bereiche –, insbesondere aus der Verteidigungsindustrie sowie gegen Forschungseinrichtungen. Zudem mehren sich die Hinweise auf weitergehende, längerfristige Ansätze chinesischer Cyberspionage, deren Ziel es ist, die digitale Souveränität der westlichen Staaten durch das Schaffen von Abhängigkeits-strukturen zu unterwandern.

Broschüren

Am 10. Oktober 2014 stellte der Bayerische Innenminister Joachim Herrmann die Broschüre „Salafismus – Prävention durch Information“ vor.

Das Bild zeigt das Cover der Broschüre „Salafismus Prävention durch Information“
© Bayerisches Innenministerium

Die Broschüre „Salafismus – Prävention durch Information“ informiert, wo die geistigen Wurzeln für eine derartige  Radikalisierung liegen. Sie klärt über die Inhalte, Ziele und Gefahren der salafistischen Ideologie auf. Sie informiert darüber hinaus Eltern, Lehrer und weitere Multiplikatoren über Anzeichen einer beginnenden Radikalisierung, gibt Verhaltenstipps, falls sich ein Angehöriger zu radikalisieren droht und benennt Ansprechpartner, an die sich besorgte Angehörige wenden können.

Die Broschüre 'Salafismus – Prävention durch Information' kann hier heruntergeladen oder beim  Broschürenversand der Bayerischen Staatsregierung bestellt werden.

Die Broschüre ist auch in den Sprachen Arabisch, Türkisch, Französisch, Englisch und Russisch verfügbar.

Broschüre "Islamismus erkennen"
© Bayerisches Innenministerium

In der Broschüre „Islamismus erkennen“ des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz werden die wichtigsten Organisationen, Symbole, Publikationen und Akteure des islamistischen Spektrums dargestellt und erläutert.

Die Broschüre "Islamismus erkennen" kann hier heruntergeladen oder beim Broschürenversand der Bayerischen Staatsregierung bestellt werden.

 

 

Das Bild zeigt das Cover der Broschüre "Nein zu Nazis und Co"
© Bayerisches Innenministerium

Zum Thema Rechtsextremismus informiert die Broschüre „Nein zu Nazis & Co.“ darüber, welche rechtsextremistischen Szenen in Bayern vor allem für Jugendliche gefährlich sind.

 

 

 

 

Das Bild zeigt das Cover der Broschüre "Das System Scientology Fragen und Antworten"
© Bayerisches Innenministerium

In der Broschüre „Das System Scientology - Fragen und Antworten“ werden die Gefahren, die von der Scientology-Organisation ausgehen, erläutert.

 

 

Bayerische Informationsstelle gegen Extremismus (BIGE)

Das Bild zeigt die Internetseite des Internetportals „Bayern gegen Rechtsextremismus“, welche zum Internetauftritt der Bayerischen Informationsstelle gegen Extremismus (BIGE) gehört.
© Bayerisches Innenministerium

Die Bayerische Informationsstelle gegen Extremismus (BIGE) wurde im Jahr 2009 als zentrale Informations- und Beratungsstelle der Staatsregierung für die Bekämpfung des Rechtsextremismus eingerichtet.

Die organisatorisch beim Bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz angesiedelte BIGE ist inzwischen neben dem Rechtsextremismus auch in den Phänomenbereichen des Linksextremismus, der verfassungsschutzrelevanten Islamfeindlichkeit, der verfassungsschutzrelevanten Delegitimierung des Staates und den Reichsbürgern und Selbstverwaltern aktiv. Bürgerinnen und Bürgern, Kommunen und Schulen steht sie als Ansprechpartner zur Verfügung und bietet vielfältige Informationen und Beratungsleistungen an. Sie vernetzt verschiedene (auch zivilgesellschaftliche) Institutionen und trägt zu einem übergreifenden Informationsaustausch zwischen allen Betroffenen bei.

Das Internetportal „Gemeinsam gegen Extremismus“ (www.bige.bayern.de), das die BIGE gemeinsam mit dem Staatsministerium für Unterricht und Kultus betreibt, stellt neben phänomenspezifischen Informationen auch Beratungs- und Hilfsangebote für betroffene Kommunen, Schulen und Eltern zur Verfügung.

Bei der BIGE ist zudem ein Aussteigerprogramm für Rechts- und Linksextremisten sowie Reichsbürger und Selbstverwalter angesiedelt, das telefonisch unter 089 2192 2767 sowie per E-Mail: aussteigerprogramm@lfv.bayern.de zu erreichen ist.